„Der Klimawandel bestimmt, wie wir als Menschheit in Zukunft leben, das Artensterben, ob wir auf der Erde überleben.“
Dass ich mich in letzter Zeit mit dem Artensterben beschäftigt habe, lag sicherlich an den erschreckenden Meldungen über Bienensterben, über bedrohte Arten, den Plastikmüll in den Ozeanen und auch den Klimawandel. Dennoch kannte ich konkret keine bestimmte ausgestorbene Art. Wenn man mal die Mammuts und Dinosaurier außer acht lässt. Es war nicht die direkte Erfahrung, sondern eher die mahnende Stimme aus der Wissenschaft, die mich gedrängt hat, da näher hinzusehen. Geholfen hat mir das Buch „Vom Verschwinden der Arten“ von Katrin Böhning-Gaese und Friederike Bauer.
Es ging mir um eine Verbindung der ausgestorbenen Pflanzen und Tiere mit den uralten Figurinen aus der Vorzeit, die schon in den Ikonen der Weiblichkeit aufgetaucht waren. Sie stehen für kulturelles Leben in der Frühzeit des „Homo sapiens“. Es geht um die Verbindung mit der Natur, der Fruchtbarkeit und auch um Spiritualität. Diese Figurinen nehmen die ausgestorbenen Tiere und Pflanzen in ihren Formen auf.
Es war eine intensive und belebende Arbeit. Die Beschäftigung mit diesen ausgestorbenen Lebewesen, dem Entdecken und Nachspüren ihrer Eigenart, ihrer Schönheit und Zartheit, ist einerseits traurig, aber entfaltet auch einen respektvolleren Blick auf die noch bestehenden Arten.
Sanduhrgöttin aus dem Iran trifft auf übersehenes Filzkraut
Das historische Vorbild der Göttin in Triangel- oder Sanduhrform entstand um 2000 v. Chr. im Gebiet des heutigen Iran. Die Figurine – mit der Implikation der Zeit – bot sich als Malgrund an für das „übersehene Filzkraut“ (Filago neglecta). Es wird auch als „verkanntes Filzkraut“ bezeichnet und ist eine ausgestorbene Pflanzenart aus der Gattung der Filzkräuter. Das übersehene Filzkraut wurde zuletzt 1901 in Deutschland, 1910 in Belgien und gegen 1930 in Lothringen nachgewiesen. Vermutlich haben die Veränderungen in der Ackerbewirtschaftung zum Aussterben der Art beigetragen. (Wikipedia)
Göttin aus Portugal trifft auf Tobias Köcherfliege
Das Vorbild dieser Göttin wurde in Portugal (Idanha-a-Nova) gefunden und soll um 2500 v. Chr. entstanden sein. Die Göttin nimmt hier die ausgestorbene Tobias Köcherfliege in ihre Arme .Die Köcherfliege lebte in Deutschland im Mittelrheintal und am Main. Sie legte ihre Eier bevorzugt im oder über dem Wasser ab. Die Ursache ihres Aussterbens wird in der massiven Verschmutzung des Rheins und Mains gesehen. (nach NABU)
Augenidol aus Syrien trifft auf Dodo
Im Gebiet des heutigen Syrien wurden bei archäologischen Grabungen Figurinen mit betonter Augenpartie gefunden. Augenidole werden sie genannt. Die Entstehung wurde auf Mitte bis Ende des 4. Jtds vor Christus datiert.
In dieser Nachbildung gibt es eine Verbindung zum Dodo. Der Dodo war eine flugunfähige Vogelart, die auf Mauritius vorkam. Er wurde von den Einwanderern gejagt und gegessen. Man weiß wenig vom Dodo. Nicht, wie er aussah, oder ob sein Name auf seinen Ruf zurückgeht. Er gilt seit 1690 als ausgestorben.
Augenidol mit Kopfbedeckung aus Syrien trifft auf Bodenseesteinbrech
Das Vorbild des Augenidols mit Kopfbedeckung ist aus Alabaster und wurde in Syrien gefunden. Die Entstehungszeit wird auf Mitte/Ende des 4. Jtds v. Chr. geschätzt.
„Der Bodenseesteinbrech (…), amphibische Form des gegenblättrigen Steinbrechs, die in den stark gefährdeten Strandrasen des Bodensees und bei Thierigen am Hochrhein vorkam. Zuletzt 1965 bei Hegne nachgewiesen, in der Schweiz 1956 ausgestorben. Die Unterart wurde auch nicht rechtzeitig in Erhaltungskultur genommen und ist damit ausgestorben.“ (Wiki/Liste ausgestorbener Pflanzenarten Deutschlands)
Figurine aus der Türkei trifft auf Veilchen aus Frankreich
Diese Figurine bezeichnet man als Kusura-Typ, nach dem ersten Fundort Kusura, der 230 km nördlich von Antalya/Türkei liegt. Entstehungszeit: ca 3000 – 2500 v. Chr.
„Für diese Veilchenart gibt es neben dem lateinischen Namen nur eine französische Übersetzung. Violett de Cry. Sie wurde erstmals 1860 entlang des Canal de Bourgogne (Frankreich) entdeckt, wo es auch endemisch vorkam. Als wärmeliebende Art bevorzugte es südlich ausgerichtete Kalksteinhänge. Durch den Kalksteinabbau für die Zementherstellung, aber auch durch das exzessive Sammeln durch Botaniker ist davon auszugehen, dass dieses Veilchen bereits im Jahre 1930 ausgestorben war.“ (NABU)
Figurine aus dem Ural trifft auf Blaubock und Szaferi-Birke
Das Vorbild dieser Figurine ist eine 35,3 cm hohe Alabasterplatte mit Ritzzeichnungen. Gefunden wurde sie im Ninchursangatempel von Mari (Wolga/Uralgebiet),entstanden Mitte des 3. Jt.v. Chr.. Ziegen und Vögel flankieren eine weibliche Scham. Zweige wachsen aus dem Nabel im Zentrum der Platte .Einige der Ziegen habe ich durch den südafrikanischen Blaubock und einige Zweige durch die seit 1970 ausgestorbene, in Polen heimische Szaferi-Birke ersetzt. „Der Blaubock ist eine afrikanische Antilopenart. Einst in Südafrika beheimatet, ist sie heute ausgerottet. Benannt war dieses Tier nach dem bläulichen Schimmer seines grauen Fells.(…) Im Verbreitungsgebiet des Blaubocks landeten bereits im 18. Jahrhundert weiße Siedler, die die Art innerhalb weniger Jahre durch Vergnügungsjagden ausrotteten. (…) Der letzte Blaubock wurde 1799 oder 1800 geschossen“ (Wikipedia)
Göttin aus Zypern trifft auf Auerochsen
Das Vorbild dieser Figurine ist eine Göttin aus Zypern, 3. Jtd v. Chr., sie trägt ein Kind auf dem Arm. Ich habe ihr statt des Kindes einen Auerochsen in den Arm gelegt. „Auerochsen, auch Ur genannt, waren ursprünglich in großen Teilen Europas und Asiens verbreitet. (…) Zum Aussterben des Urs hat die zunehmende Besiedlung Europas und die damit einhergehende Zerstörung seines Lebensraumes durch die fortschreitende Rodung der Wälder und die immer intensivere Landwirtschaft beigetragen. Die Bestände wurden darüber hinaus stark durch die Jagd dezimiert. Der letzte Auerochse in Deutschland wurde um 1470 im Neuburger Wald in Bayern geschossen.“ (NABU)
Liebespaar vom Balkan trifft Uraniafalter
Das Liebespaar „The Gumelnita Lovers“ stammt aus dem östlichen Balkan, etwa dem heutigen Südrumänien. Das Vorbild ist aus Terrakotta, entstanden 5000 – 4750 v. Chr. Diesem Paar habe ich den Uraniafalter zugeschrieben. Der Uraniafalter hatte auf seinen dunklen Flügeln eine prächtige Färbung aus Grün, Purpur und Gold. „Er war auf Jamaika endemisch. Uranus sloanus kam früher in den Blue Mountains sehr häufig vor. Seit 1894 oder 1895 wurde diese Art jedoch nicht mehr gesichtet und gilt heute als ausgestorben.(…) Durch den Verlust der Futterpflanzen für die Raupen ist die Population vermutlich so drastisch zusammengebrochen, dass letztendlich ein Aussterben der Art unvermeidlich war.“ (Wikipedia)
Violinförmige Figurine aus Israel trifft Bodensee-Kilch
Es gibt häufig diese schematischen violinförmigen Idole, die auf Darstellung eines weiblichen Körpers hindeuten. As Vorbild der Figurine ist aus Granit und stammt aus Israel, ihre Entstehungszeit wird um 4000 v. Chr. geschätzt. Der Bodensee-Kilch, ein „Süßwasserfisch, lebte einst in den Tiefen des Bodensees. Sein Laich legte er in Tiefen von bis zu 60 Metern ab. Am Gewässerboden lebende wirbellose Lebewesen waren seine Hauptnahrungsquelle, vornehmlich Muscheln und Schnecken. Das erklärt auch seine unterständige Mundöffnung. Seine kommerzielle Nutzung hörte in den 1960er Jahren auf. Grund war nicht nur seine Überfischung. Auch die Fortpflanzungsrate nahm rapide ab, da durch die landwirtschaftlich bedingte Eutrophierung des Bodensees die Eier mit dem zunehmend niedrigeren Sauerstoffgehalt im Wasser nicht mehr zurechtkamen. (…) Der Bodensee-Kilch gilt seit den 1970er Jahren als ausgestorben.“ (NABU)